Cyclist’s Paradise

Lagerfeuer und belgischer Kaffee
Nochem Räga kunnt sunna… So auch in unserem Fall. Unter strahlend blauem Himmel verlassen wir, zusammen mit John aus Belgien, Shangri-La. Im Vergleich zu Yunnan (Südchina), hat sich die Landschaft stark verändert! Die Städte haben kleinen, tibetischen Dörfern Platz gemacht, die bebauten Terrassen sind den Bergen gewichen und die grosse Bevölkerungsdichte wird durch durch ebensoviele Hunde, Schweine und Jaks ersetzt. Für uns eine willkommene Abwechslung und wir geniessen die Ruhe und die unberührte Natur. Hier macht nun auch zelten wieder richtig Spass. Wir finden ein ideales Plätzchen mit Wasser und machen es uns mit einem Feuer und Kaffee gemütlich. (im Gegensatz zur Schweiz ist die Waldgrenze hier auf 4300m !) Später am Abend stossen Delphine und Nico (beide aus Frankreich) zu uns. Nico musste in Shangri-La sein China-Visum verlängern und dies kann recht kompliziert und bürokratisch sein. Denn bei den Chinesen läuft es meistens so: Entweder man hat Glück und sie sind überaus freundlich, zuvorkommend und hilfreich oder man wird kurz missbilligend von oben bis unter angeschaut und die Antwort auf jede Frage lautet: „Mei you“. Was soviel bedeutet wie: Haben wir nicht! Ich will dich nicht verstehen! Verschwinde! Stör mich nicht… Dagegen hat man einfach keine Chance! Wie sind auf jedenfall froh, dass wir unser 3-Monatsvisum in Laos erhalten haben. Dies erspart uns viel Unannehmlichkeiten und Papierkram!

Am nächsten Tag werden wir von John geweckt: Frischer Kaffee ist gebraut und ein wärmendes Feuer ist entfacht. So fällt uns das Aufstehen natürlich leicht. Nach dem Frühstück und ein etwas längeres Packprozedere als gewohnt (ganze 3 ½ Std.!!, unseren französischen Mitfahrern sei „Dank“), fahren wir dann endlich los. Am Mittag erreichen wir unser erster Pass. Die Aussicht ist atemberaubend: schneebedeckte Berge und ein Tal zu unseren Füssen. Und genau dahin dürfen wir jetzt runterdüsen! Über 1000 Meter auf perfekter Strasse! So macht Velofahren Spass… Aber natürlich kommt nach jeder Abfahrt auch wieder eine Steigung… Den Rest des Tages fahren wir dann auf einer Schotterpiste den Berg hinauf… Dafür finden wir am Abend wieder ein ideales Campingplätzchen. Unterwegs haben wir in einem Restaurant Gemüse und Eier eingekauft und gönnen wir uns zur Feier des Tages ein 3-Gang-Menü. Das Einkaufen tönt einfach, erweist sich aber als eine relativ komplizierte Angelegenheit. Bis wir der Restaurantbesitzerin klar machen können dass wir das Gemüse und die Eier mitnehmen wollen und nicht gekocht haben wollen braucht es einige Zeichensprache. Auf jedenfall lacht am Schluss das ganze Restaurant und die Verpackungskünste der rohen Eier in Nicos (hoffentlich frisch gewaschenen…) Socken sorgen für belustigte Blicke.

Der erste 4000er Pass
Am nächsten Tag erreichen wir unser erster 4000er Pass. Leider ist die Abfahrt heute nicht ganz so berauschend… Mit einem vollbeladenen Tourenvelo ohne Federung eine holprige Schotterstrasse runter zu fahren ist eine anstrengende Sache. Zudem werden wir immer wieder von den vorbeifahrenden Lastwagen in einer riesigen Staubwolke gehüllt. Aber das Glück ist wieder mal auf unsere Seite. Am Abend finden wir nämlich ein Hotspring-„Hotel“. Die Hotelbesitzer sind leider nicht gerade überfreundlich, mehr so à la „Mei you“. Aber was wollen wir machen? Die heissen Quellen wollen wir uns auf keinen Fall entgehen lassen. Und so finden wir nach eisernen Verhandlungen doch noch ein Konsens mit dem Besitzer und geniessen kurze Zeit später das warme Bad! Als es ums Abendessen geht, haben wir dann weniger Glück. Unser Hotelbesitzer verlangt irgendwelche Phantasiepreise für sein Essen. Und hier hilft auch das vehemente Wiedersprechen von 5 Leuten nichts. Die Preise sind fix! Kurzerhand entscheiden wir uns, unsere Kocher auf der Terrasse auszubreiten und uns eine Nudelsuppe zu kochen. Den Besitzer scheint dies nicht gross zu stören. Er bringt uns sogar heisses Wasser für den Kaffee…

Am Morgen verabschieden wir uns von unserem „Feuermaster“ John. Er muss wieder zurück nach Belgien. Wie entscheiden uns in die nächste Stadt zu fahren um dort ausgiebig zu frühstücken. Die Idee an und für sich ist gut! Nur haben wir in unserer Kalkulation irgendwie nicht bemerkt, dass die nächste Stadt fast 40 Kilometer entfernt liegt… Ausgehungert kommen wir dann dort an und genehmigen uns erst mal eine Riesen-Nudelsuppe. Danach kaufen wir für die nächsten Tage ein und schon gehts weiter. Eigentlich wollten wir uns am Abend wieder mit den Franzosen zum campen treffen, aber ohne Handy ist dies ein etwas schwieriges Unterfangen. So sind wir wieder zu zweit unterwegs.
Das hier in der Gegend zum Teil rauhes Wetter herrscht, merken wir während einer kurzen Pause am nächsten Tag. Das Velo von Philipp wird kurzerhand von einer Windböe von der Strasse gewinded und landed in der Böschung. Glücklicherweise ist diese nicht zu steil… Abgesehen von einer defekten Lenkertaschenhalterung ist aber alles heil geblieben.
Die Männer auf der Strasse zeigen sich als Gentleman. Als wir eine Steigung hinauftrampen, hält ein Motorradfahrer an und bietet mir an mich mitzunehmen… Als ich dann auf das vollbepackte Velo zeige, meint er dass sei kein Problem, das würde er hinten auf den Gepäckträger schnallen ;-)
Naja, ein Versuch wäre es ja wert gewesen. Nur schon für das Bild…

Über endlose Hochebenen
Am nächsten Tag erreichen wir den bisher höchsten Pass (4700 Meter). Wir sind überrascht, dass die Höhe uns nicht mehr Mühe bereitet. Das es anderen anders geht, sehen wir an all denn weggeworfenen Sauerstoffflaschen, welche unter den Gebetstfahnen liegen… Wir gönnen uns auch noch einen letzten Zug puren Sauerstoff daraus ;-) Der Ausblick ist etwas unerwartet. Anstatt schneebedeckte Berge und tiefer Täler, breitet sich vor uns eine wüstenartige, endlos erscheinende Hochebene aus. Tja, jetzt wissen wir es: Nicht nach jedem Pass folgt eine sofortige Abfahrt! So oder so, wir geniessen die etwas ungewohnte Landschaft und treffen kurz darauf in ein Dorf ein. Aus 3 Gründen wird uns schnell klar, dass wir jetzt im „Land“ der Tibeter angekommen sind. 1. Tragen die Einwohner traditionelle Kleidung und laufen fast ausnahmslos mit der Gebetsmühle in der Hand herum. 2. Hat es überall Klöster und Stupas und von jedem Haus wehen farbige Gebetsfahnen und drittens werden wir mit „Taschi-delek“ begrüsst (was soviel wie „viel Glück“ bedeutet). Auch die Shops haben sich hier verändert. Bis anhin waren wir an riesigen Supermakts gewöhnt. Nun befinden sich die kleinen Shops hinter vergitterten Fenster. Dieses „Krämerladen-System“ aus alten Zeiten ist für uns nicht gerade praktisch, aber meist dürfen wir „Langnasen“ hinein um unsere Einkäufe zu tätigen. Meist findet sich dann auch innert Kürze eine beachtliche Menschenmasse zusammen um zu schauen was wir „armen Schlucker“ uns hier leisten. Für ein Motorrad hat es ja anscheinend ja nicht gereicht. ;-) (In China gibt es einen gebrauchten 250qcm Töff für rund 200-300 Euro)

Im Cowboyland
Am nächsten Tag geht es dann weiter entlang der Hochebene. Den ganzen Tag werden wir von wild umher rennenden Murmeltieren begleitet. Am Ende des Tages erreichen wir dann das Ende des Plateaus und die Abfahrt beginnt. Diese ist so lang, dass wir am nächsten Tag den 2. Teil geniessen dürfen und so ziemlich entspannt in Litang ankommen. Schnell ist ein das einzige bezahlbare Hotel gefunden und kurze Zeit später treffen auch Delphine und Nico ein. Tja, es geht wohl auch ohne Handy! :o) Litang ist eine spezielle Stadt. Man kann es eigentlich als tibetische Cowboy-Stadt bezeichnen. Die Frauen sind alle traditionell gekleidet und die Männer haben allesamt lange, dunkle Haare. Sie tragen einen langen Ledermäntel und Stiefel und haben ihr Messer in die Hose gesteckt. Das einzige was fehlt sind die Pferde. Dafür hat aber jeder einen Töff.

Für uns stellt sich nun die Frage, wie weiter? Entweder wir fahren „runter“ in die Stadt nach Chengdu um die Pandas zu bestaunen oder wir bleiben in der Höhe und reisen weiter nach Norden. Wie entscheiden uns für die zweite Variante. Obwohl wir uns nicht ganz sicher sind, dass wir überhaupt nach Norden dürfen. Denn in den letzten paar Wochen hat es dort immer wieder Aufstände gegeben und das gesamte Gebiet war für Ausländer gesperrt… Mal sehen wohin es uns verschlägt.

Viele Grüsse aus dem Land:
-wo Leuchtstifte mit Kaugummigeschmack verkauft werden
-Das Doppelpack Snickers zusammen mit einer AAA-Batterie im Laden steht, und günstiger ist als ein einzelner Schokoladenriegel…
-Wo der Reis nicht im 1kg Packet zu kaufen ist, sondern nur in der  „praktischen“ 25kg Portion…

P.S. Die Fotos vom letzten Chinabericht sind inzwischen online!

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One thought on “Cyclist’s Paradise

  1. Hallo ihr zwei! Bin stolz auf euch dass ihr immernoch voller Freude und Kraft in den Waden unterwegs seid! Chapeau! Bei eurem Brichtli hier hatte ich grad den Geschmack der Nudelsuppe in der Nase und den Kaugimmileuchtstift-Geschmack im Mund :o) und wenn ich jetzt noch länger im Büro arbeiten würde, dann hätte ich bei euch auch gleich so ein Kaugummileuchter bestellt. Aber jetzt muss ich ja zum Glück bald nicht mehr so viel Papier anleuchten :o)
    Liebe Grüsse und bin tapfer am Nachlesen eurer verpasseten Berichte!

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